Description
Das Thema Korruption beschäftigt mich seit mehr als 20 Jahren. Als Politikwissenschaftler habe ich über den Klüngel in der politischen Kultur Kölns promoviert und Strukturen der Einflussnahme und Bestechung untersucht. Als Journalist habe ich mich für regionale und bundesweite Medien mit zahlreichen Korruptionsfällen beschäftigt. Dabei fiel mir auf, dass es zwar viel Literatur dazu gibt, der Kern des Problems aber kaum thematisiert wird. Warum wird jemand korrupt? Die Antwort wird moralischen Puristen nicht gefallen, denn: Korruption ist sexy. Sie lauert als Verführung gerade da, wo Menschen Macht haben. Für die Beteiligten steht nicht der Schaden, den sie anrichten, im Mittelpunkt, sondern der »Kick« des schnellen und vermeintlich ungefährlichen Gewinns. Es ergibt aus meiner Sicht keinen Sinn, Amtsträger pauschal zu verdächtigen oder gar zu verunglimpfen. Es gibt keinen Staat ohne Diener (so der Titel des Buchs von Hans Herbert von Arnim), und unsere Manager sind nicht allesamt Nieten in Nadelstreifen (Günter Ogger). Die Wahrheit ist viel einfacher: Auch diejenigen, die machtvolle Positionen in unserer Gesellschaft einnehmen, sind nur Menschen. Und die werden ständig mit den »sexy« Verführungen der Korruption konfrontiert und können nicht immer widerstehen. Deshalb muss es erst einmal darum gehen, diese Strukturen zu verstehen, um sie bekämpfen zu können.
Denn Korruption geht uns alle an. Es kann uns täglich passieren, Opfer solcher krimineller Machenschaften zu werden. Korruption ist nicht nur die abstrakte Bedrohung, die uns bei spektakulären Fällen in den Schlagzeilen begegnet. Dass Schmiergelder erwartet oder gezahlt werden, schadet uns allen: ob nun unser Kaffee teurer wird, ob der Ticketpreis für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Höhe getrieben wird oder ob wir über höhere Steuern überteuerte Bauprojekte mitfinanzieren müssen. »Wäre Bestechung hierzulande ähnlich selten wie in Finnland, könnte das Durchschnittseinkommen der Deutschen um 6 Prozent steigen«, meint der Volkswirt Johann Graf Lambsdorff, der für die Anti-Korruptionsorganisation transparency international (TI) das Phänomen wissenschaftlich untersucht.
Korruption wird in der Öffentlichkeit aber nur als Straftat wahrgenommen, ohne die Strukturen zu hinterfragen, die dazu führen. Die Sozialisation und die Strategien der (Selbst-)Rechtfertigung sind bisher viel zu wenig betrachtet worden. Hier setzt dieses Buch an: Längst hat sich eine »Korruptionsethik« etabliert, mit deren Hilfe sich die Beteiligten an illegitimen und illegalen Geschäften die Situation schönreden. Nötig ist eine breite gesellschaftliche Debatte, um endlich zu Regelungen zu kommen, die einer modernen Demokratie würdig sind. Deutschland hat in diesem Punkt enormen Nachholbedarf. Ausgehend von der Schilderung großer und kleiner Korruptionsskandale der jüngsten Zeit soll in diesem Buch aufgezeigt werden, was sich in unserer Republik ändern muss. Zu den verschiedenen Quellen und Ansprechpartnern in Sachen Vermeidung, Entdeckung und Verfolgung von Korruption gibt es begleitend zu diesem Buch eine Linksammlung im Internet, die unter www.abgeschmiert.de zu finden ist.
INHALT
Einleitung
1. Korruption ist sexy, weil sie überall ist
2. Korruption ist lässig, weil sie Bürokratie überwindet
3. Korruption ist aufregend, weil sie Politik macht
4. Korruption ist verführerisch, weil sie Gewinne verspricht
5. Korruption ist vielversprechend, weil sie global funktioniert
6. Korruption ist verlockend, weil sie ethisch gerechtfertigt wird
7. Korruption ist betörend, weil sie so schwierig zu bestrafen ist
8. Korruption ist geheimnisvoll, weil sie sich schlecht abbilden lässt
9. Was wirklich sexy ist: Korruption bekämpfen!
10. Dreizehn Thesen gegen Korruption
11. Organisationen und Institutionen gegen Korruption
12. Literatur